Die „4000001“ – Zeitzeuge und gelebte Tankstellengeschichte

Als sich der HUTH Service-Techniker AD02, Bernd Wolter, am 18.10.1994 von Magdeburg aus auf den Weg ins schöne sächsische Städtchen Radebeul machte, um das erste HUTH-T400-Kassensystem mit der Seriennummer„4000001“  zu installieren, schrieb er damit auch an den ersten Zeilen der Erfolgsgeschichte einer Kassengeneration, die bis heute fast jeder neuen Anforderung – egal ob technischer oder regulatorischer Art – folgen konnte. Unterwegs war Bernd Wolter damals im Übrigen – wie alle zehn HUTH-Techniker – im roten Ford Mondeo 93, der 1994 zum Auto des Jahres gekürt wurde, während der Nummer-1-Hit „Eins, zwei Polizei“ von Mo-Do aus dem Radio schallte und ihn an die Einhaltung der Tempolimits erinnerte.

1994 – Lange her? Ja, in der Tat!

Mehr als ein Vierteljahrhundert sollte vergehen, ehe die „Nummer 1“ am 22. April 2020 – weiterhin voll funktionsfähig – nach über 220.000 Betriebsstunden die letzte Tagesabrechnung durchführte und dann Platz für ihr Nachfolgesystem T600 machte. Das Back-Office-System und weite Teile der Peripherie blieben vom Systemwechsel im Übrigen verschont, denn „Investitionssicherheit“ ist bei HUTH eben mehr als nur ein Schlagwort, Investitionssicherheit ist fester Bestandteil HUTHscher Systemphilosophie.

Mit einem gemessenen Anteil Stolz aufgrund ihrer Betriebszeit wurde die „4000001“ also liebevoll eingepackt und in die Zentrale nach Troisdorf-Spich gesendet um dort künftig – gereinigt und etwas aufpoliert – ihren Platz im HUTH-Museum einzunehmen.

Die Geschichte von 220.000 Betriebsstunden in Technik-Etappen

Die Tankstelle, an der die erste T400 zum Einsatz kam, war seit 1928 in Familienbesitz, zunächst unter dem Namen „Lößnitz-Garagen“. 1946 erfolgte die in der DDR übliche Zwangsabgabe an die staatliche MINOL, welche die Station bis zur Wende betrieb (und dem Eigentümer eine verschwindend geringe Miete zahlte). Im Zuge der Wende konnte Familie Centner die Tankstelle zurückgewinnen, gründete die Firma „Lößnitz Tank“ und fand in der MHK in Hamburg den geeigneten Geschäftspartner für ihr Tankstellengeschäft. Die Inhaber, Familie Centner – Vater Andreas, Sohn Wolfram und Schwiegertochter Cornelia -, erinnern sich an eine „verrückte und turbulente Zeit“, in der man quasi die einzige Tankstelle vor Ort war und die Kunden Schlange standen. Von Beginn an wurden zwei Kassenarbeitsplätze benötigt und so wurde das von Minol übernommene HUTH-T300 Kassensystem ziemlich direkt 1994 gegen ein T400-System mit zwei Kassenarbeitsplätzen und angebundenem Back-Office-Management System ITAS getauscht. Schon damals wurde der vom Shop-Lieferanten zur Verfügung gestellte Ordersatz eingespielt und eine Anbindung an die in der MHK-Zentrale installierte ZETAS Abrechnung erfolgte über das analoge Modem. Über die UTAX Schnittstelle wurde das System an die vorhandene Tankelektronik von Dresser angebunden.

1997 wechselte die Kommunikation auf ISDN und die Tankelektronik wurde um die IZS Schnittstelle erweitert. Ab sofort wurden die Uhrenstände von MHK abgerufen und nach Hamburg übertragen. Netzbetreiber TeleCash wechselte vom Krone-Terminal auf die Produkte von G&D und so erfolgte in Radebeul die Anbindung von zwei neuen Kreditkartenterminals über das G&D-Protokoll.

Y2K – Prüfstein für viele Systeme

Der Jahr-2000-Wechsel wurde vollzogen, ohne dass Maßnahmen ergriffen werden mussten, aber die Tankelektronik verschwand im neuen Millennium unter dem Tresen. Die Kasse erhielt zwei große VGA-Displays und übernahm mit der Marketer-Bedienpultschnittstelle die komplette Säulensteuerung. Aus der T400 wurde die T450, aus einer Kasse wurde eine Systemsteuerung. Aus DM wurde EUR.

Im Laufe der Jahre wechselte das Erscheinungsbild der Tankstellen auf das Grün-Violett der Marke OIL! Mit der 21. BImSchV kam die verpflichtende Gasrückführungsüberwachung, damit neue Säulen und mit letzteren auch die neuen Steuerungsprotokolle. Der Marketer entfiel gänzlich, die Zapfpunkte wurden über das IFSF-LON-Protokoll direkt an die Kasse angeschlossen. Zusätzlich zu den Säulen steuerte die Kasse nun auch Preismast sowie Tankinhaltsmessung und überwachte die Gasrückführungsfunktion.

Mit Einführung der MTS-Kraftstoffverordnung in 2013 und den daraufhin folgenden häufigen Preisumstellungen erhielt die Kasse eine Prüffunktion um Fehler zu vermeiden, wenn der Preiswechsel als Reaktion auf die Eingabe der Wettbewerber-Daten erfolgte.

Im Laufe der Jahre hieß es im Back-Office nicht mehr ITAS, sondern ITAS Vision. Als Profi-User von ITAS Vision erkannte man in Radebeul die verbesserten Möglichkeiten und integrierte das Dynamische Bestellwesen, die regelmäßigen Inventuren per MDE-Gerät und nicht zuletzt auch den elektronischen Lieferschein ins Tagesgeschäft. Die SEPA-Umstellung der stationseigenen Kunden in 2014 lief problemlos durch ein kleines Zusatz-Modul in ITAS Vision.

2015 erweiterte man das System um den T500 MulitServer und die zugehörigen Touch-Displays. Aus ISDN wurde DSL und die Kommunikation zum Kassensystem erfolgte nun per IP über das OIL!-eigene Intranet. Im Zuge der schnelleren Kommunikationswege wurde auch der virtuelle Terminal-Client für integriertes E-Loading Bestandteil des Systems. Auf die Touchfunktion verzichtete man aber zunächst noch und arbeitete weiterhin mit der Tastatur.

2019 wechselte OIL! den Netzbetreiber, Zahlungsverkehrs-Netzdienstleister sollte ab sofort WEAT sein. Die existierende OIL!-spezifischen Gutscheinkarte des Vorgänger-Netzbetreibers wurde für das gesamte Tankstellennetz „geräuschlos“ auf das HUTH-eigene Gutscheinverfahren mit Autorisierungsserver in der OIL!-Zentrale im Hamburg umgestellt – auch diese Umstellungen waren an der nunmehr 25 Jahre alten T400 in Radebeul problemlos möglich.

2020 – Installation der neuen T600

2020 entschied man sich seitens OIL! mit Blick auf die Kassensicherungsverordnung, die Tankstelle mit dem neuen T600-System auszustatten, aber auch diesen Erweiterungsschritt hätte die T400 noch klaglos mitgemacht. Nun kam auch die Touchfunktion.

„Notwendig war es noch nicht unbedingt, das alte System lief noch einwandfrei. Aber schick und viel schneller ist das Neue schon!“ freut sich Cornelia Centner über die Innovation. Darüber hinaus sieht man sich bestens gerüstet für die technischen Erfordernisse, die in den nächsten Jahren noch kommen mögen. Pay@Pump, Self-Check-Out, wer weiß wohin die Reise noch gehen mag? Die Zeiten ändern sich, moderne Technik revolutioniert ständig die unterschiedlichsten Bereiche des täglichen Lebens.

Die Zeiten, in denen Bernd Wolter aus Magdeburg Richtung Sachsen fährt, sind im Übrigen auch seltener geworden: Anstelle von 10 Technikern arbeiten heute 40 Techniker deutschlandweit für HUTH, von denen vier qualifizierte Service-Mitarbeiter sich das Gebiet zwischen Berlin, Cottbus, Magdeburg und Zwickau teilen. Auch die Großraumlimousine Mondeo reicht vom Platzangebot schon lange nicht mehr als Technikerfahrzeug. Heute fährt der HUTH-Techniker eine lange Variante des VIVARO Cargo mit funktionaler Werkstatteinrichtung, um den vielfältigen Anforderungen, die heute an den Service vor Ort gestellt werden, gerecht werden zu können. Der Hardwarepart wird in den nächsten Jahren aber vermutlich mit zunehmender Bedeutung von Cloud und Software-as-a-Service abnehmen. Und wer weiß, vielleicht fährt auch das HUTHsche Urgestein Bernd Wolter dann – in noch ferner Zukunft – nach über 35 Jahren Betriebszugehörigkeit doch wieder mit einer Limousine in Richtung Ruhestand….